Eines der frühesten Werke, dem man das Etikett Science Fiction zuschreiben kann, ist Mary Shelleys „Frankenstein“. Erschienen im Jahr 1818, beschreibt es ein Szenario, in dem ein genialer Mediziner und Wissenschaftler die Erschaffung des Menschen nachvollzieht und ein monsterartiges und menschenähnliches Lebewesen erzeugt.
Heute betrachtet man dieses Werk und seine frühe Verfilmung einerseits mit einem nostalgischen Lächeln, weil die Vorstellungen im Lichte der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnis doch etwas naiv erscheinen. Und doch genügt auch Frankenstein durchaus den Ansprüchen, die an gute Science Fiction-Literatur gestellt werden, wenn auch aus dem Blickwinkel der damaligen Zeit.
Science Fiction und Wissenschaft
Der Name sagt es schon aus: Im Genre der Science Fiction geht es um die Verbindung von Wissenschaft und Fiktion. So gut wie jeder Science Fiction-Roman spielt mit der Extrapolation aktueller Erkenntnisse der Wissenschaft und kreiert ein Szenario, in dem diese Erkenntnisse logisch und konsequent weiter gedacht werden. Das hat auch Mary Shelley getan, indem sie die damaligen Erkenntnisse von Medizin und Naturwissenschaft folgerichtig extrapoliert hat und so ein grundsätzlich denkbares Szenario schuf.
Diesen Anspruch stellen die Leser verstärkt an moderne Science Fiction. Die Im Roman beschriebene Technik muss zumindest grundsätzlich denkbar sein oder – wenn es sich um eine Technologie einer fremden Spezies mit anderen Umweltbedingungen, gar Naturgesetzen handelt – in sich schlüssig und nachvollziehbar sein.
Einfache Erklärungen wie ein mysteriöser Dematerialisierer, der mit keiner Komponente der beschriebenen fremden Welt erklärt werden kann, verweisen das Werk augenblicklich in das verwandte, doch andere Genre der Fantasy oder Mystery. Dort sind unerklärte und übersinnliche Phänomene sowie schlichte Zauberei erlaubt – nicht aber in der Science Fiction.
Originalität als Qualitätskriterium
Für die Autoren wird es immer schwierigere, diesem Anspruch gerecht zu werden, hat doch die Anzahl an Werken im Bereich der Science Fiction in den letzten Jahren stark zugenommen. Das Genre ist nicht zuletzt dank etlicher erfolgreicher Filme und Computerspiele enorm populär geworden und aus seinem vernachlässigten Schattendasein heraus getreten. Das schraubt die Anforderungen an die Autoren natürlich stark in die Höhe.
Man will nicht über Welten, Wesen und Technologien lesen, die man so oder so ähnlich schon kennt, sondern es wird von den Lesern gefordert, dass der Autor wirklich mit etwas Neuem aufwartet. Steht in den Rezensionen etwas wie „erinnert an“ oder „es gibt starke Parallelen zu“, ist der Science Fiction-Leser schnell geneigt, das besprochene Werk wieder auf den Ladentisch zurück zu legen.
Gesellschaftskritische Anknüpfungspunkte an aktuelle Themen
Science Fiction hat sich aufgrund ihrer Definition schon immer auch mit gesellschaftskritischen Themen beschäftigt; besonders mit solchen, die aus der ungehemmten Anwendung technischer Fortschritte resultierten. Dieser Anspruch des Bezugs zur aktuellen Lebenssituation des Lesers ist sicher noch verstärkt worden.
Dem Science Fiction-Autor obliegt es, mit den denkbaren Szenarien technischer Entwicklung nicht nur zu spielen, sondern auch ihre grundsätzliche Gefahren für die Entwicklung der Menschheit auf zu zeigen.
So kann die Gentechnologie in einem Science Fiction Roman im Kreuzfeuer stehen und nicht nur die fantastischen Möglichkeiten genmanipulierter Menschen und anderer Lebewesen demonstrieren, sondern auch die Gefahren bei konsequenter und ohne hinterfragende kritische Ethik umgesetzter Anwendung vor Augen führen.