Science Fiction-Storys als Gesellschaftskritik

Die Literatur hat schon immer darauf abgezielt, jenseits der Unterhaltung auch auf Missstände aufmerksam zu machen, die in der jeweiligen Gesellschaft gerade herrschten. Eindrucksvoll in eine bewegende emotionale Geschichte verpackt, trugen und tragen Bücher so dazu bei, für bestimmte Themen zu sensibilisieren, einen Prozess des Nachdenkens in Gang zu setzen und langfristig Veränderungen an zu stoßen.

Man denke nur an den 1852 erschienenen Roman „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe, der neben einer packenden Geschichte auch eine veritable Streitschrift gegen die Sklaverei ist und zu den Klassikern der amerikanischen Literatur gezählt wird.

Die Funktion als gesellschaftskritisches Werk ist natürlich nicht nur der sogenannten ernsten Literatur vorbehalten. Selbst ein so lässiges Genre wie der Comic scheut sich nicht, Missstände anzuprangern, wie Scott Adams mit seiner Figur des Dilbert beweist. Ihm geht es in seinen Geschichten aus dem modernen Arbeitsalltag um die zum Teil unmenschliche und inhumane Behandlung, die ein Angestellter in Zeiten der Globalisierung über sich ergehen lassen muss.

Totalitarismus im Kreuzfeuer

Das Genre der Science Fiction warnt in vielen seiner Werke ebenfalls vor den langfristigen Folgen ungehemmter Entwicklungen. Oft spielt dabei natürlich die Technologie eine Rolle, so dass im Roman die Folgen eines unethischen Umgangs mit möglichen technischen Entwicklungen aufgezeigt werden.

George Orwell veröffentlichte seinen Weltbestseller „1984“ im Jahre 1948 und skizziert in ihm eine schreckliche Utopie, in der ein totalitärer Staat die Möglichkeiten moderner Technik dazu nutzt, aus seinen Bürgern gläserne Menschen zu machen und selbst ihre geheimsten Gedanken zu überwachen. Sein flammendes und bedrückend eindringliches Plädoyer für Freiheit und Individualität spiegelt die erst gerade mit den totalitären Systemen Hitlers und Stalins gemachten Erfahrungen wider.

Kritik am technologischen Machbarkeitswahn

Ray Bradbury übt in seinem Roman „Fahrenheit 451“, der im Jahre 1955 erschien, eine andere Form der Gesellschaftskritik. Die Feuerwehr ist für die Verbrennung von Büchern zuständig – sie löscht keine Feuer mehr, sondern sie zündet sie an. Besonders aktuell ist diese Schreckensutopie deshalb, weil Bradbury aufzeigt, was aus einer Gesellschaft werden kann, der es nur noch um seichte Zufriedenheit geht und die Widersprüche, Herausforderungen und kritisches Hinterfragen durch die Bürger ablehnt.

Die dumme und zufriedene Masse ist das erklärte Ziel, die mit seichten Informationen abgespeist und besänftigt wird – eine erschreckende Tendenz auch in der heutigen Gesellschaft.

Aktuelle gesellschaftskritische Themen: der Umgang mit der Natur

Diese Tradition der Science Fiction, warnende Utopien zu skizzieren, wird auch von den modernen Autoren weiter fort geführt. Frank Schätzings Roman „Der Schwarm“ (erschienen 2004) beschäftigt sich mit dem verantwortungslosen Umgang des Menschen mit der Natur und ihren Ressourcen und kritisiert dabei auch das anthropozentrische Weltbild des Menschen.

Der Mensch ist nicht zwingend das einzige vernunftbegabte Lebewesen, und selbst wenn, kann er davon noch immer nicht automatisch das Recht ableiten, mit der Natur und den anderen Lebewesen nach Gutdünken zu verfahren, so seine These. Denn wenn es doch andere intelligente Lebensformen geben sollte, so könnte ihre Rache fürchterlich sein und den Untergang der Menschheit bedeuten.

Diese Verbindung von spannender und packender Geschichte mit möglichen realistischen Szenarien, die denkbare Entwicklungen aufzeigen, machen wohl für viele Science Fiction-Leser den ganz besonderen Reiz dieser Literaturgattung aus. Es müssen keine allmächtigen Aliens über die Seiten rasen – der Mensch und seine Gedankenlosigkeit reichen aus, um fantastische Szenarien in Hülle und Fülle zu kreieren.

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